Daten sind unsere Leidenschaft!

Big Data – eine Frage der Kultur?

Big Data ist in den USA aktuell einer der Treiber für das Thema „Business Intelligence“. Dabei geht es darum, aus sehr großen Datenströmen möglichst online diejenigen Informationen zu extrahieren, die für das eigene Geschäftsmodell als wertvoll erscheinen. Diese großen Datenströme betreffen aber unter Umständen sehr sensible persönliche Daten.

In diesem Umstand liegt einer der großen Stolpersteine, die einen großflächigen Einsatz von Big Data in Deutschland in Frage stellen. Gleichzeitig zeigt sich hier eine tiefe kulturelle Kluft zwischen den Menschen diesseits und jenseits des Atlantiks, die sich im Umgang mit persönlichen und sensiblen Daten als besonders auffällig zeigt.

Jeder Mensch hinterlässt bei fast jeder Tätigkeit eine Spur an Daten!

Egal, ob es ein Kauf per Kreditkarte, eine Online Bestellung, die Inanspruchnahme von Bonusprogrammen oder die jährliche Steuererklärung ist. Jeder noch so profan erscheinende Vorgang unseres privaten und öffentlichen Lebens hinterlässt einen digitalen Abdruck. Dieser ist grundsätzlich auswertbar.

Für manche Zugänge zu diesen Informationen benötigt man eine ausdrückliche Erlaubnis von der betroffenen Person oder vom Staat, für andere nicht und manches liegt in einer rechtlichen Grauzone.

Diese Informationen erwecken Begehrlichkeiten, genaugenommen stellen sie sogar die eigentliche Währung des Internets dar. So ist der exorbitante Marktwert, einiger ausschließlich in der virtuellen Welt agierender Firmen, einzig und allein über die Menge und Qualität der Informationen, die es über seine „Kunden“ hat, zu erklären.

Big Data ist eine Möglichkeit, diese Informationen in realwirtschaftlichen Erfolg zu transformieren.

Dazu zwei hinreichend bekannte Beispiele von Big Data aus den USA:

  1. Eine KFZ-Versicherung bietet einen Service an, den Tarif zu optimieren. Das funktioniert folgendermaßen: Der Versicherungsnehmer lässt sich eine kleine Box ins Auto einbauen, die alle relevanten Parameter (Zeit, Fahrer, Dauer, Geschwindigkeit, GPS-Koordinaten, …) aufzeichnet und in regelmäßigen Abständen an die Versicherung überträgt. Diese wertet die Daten insbesondere die Bewegungsprofile aus und berechnet die Risikoklasse des Fahrzeughalters und seines Fahrzeugs stets neu. Aufgrund dieser Risikoeinschätzung wird der Tarif dynamisch angepasst.

    Vorteil für den Versicherungsnehmer: eine Rabatt auf seine Prämien und eine seinem Verhalten angepasste Police.

    Vorteile für die Versicherung: Bessere Einschätzung des individuellen Risikos und eine fundierte Kalkulation der angebotenen Tarife mit den daraus resultierenden Wettbewerbsvorteilen.

  2. Eine Coffee Shop Kette gibt eine Kundenkarte aus. Über diese können die Vorlieben ihrer Kunden erfasst werden. Gleichzeitig gibt der Kunde seine Mobilfunknummer an und lässt somit zu, dass die Coffee Shop Kette seine Bewegungsdaten von seinem Telekomunikations-Provider realtime in Erfahrung bringen darf. Wenn sich nun der Karteninhaber im Einzugsbereich einer Filiale befindet, kann ihm ein personalisiertes Angebot per SMS gesendet werden, z.B. 10% auf sein bevorzugtes Getränk bei Kauf innerhalb der nächsten 30 Minuten.Vorteile für den Kunden: Bonusprogramm über die Kundenkarte und attraktive Adhoc Angebote.

    Vorteile für den Kunden: Bonusprogramm über die Kundenkarte und attraktive Adhoc Angebote.

    Vorteile für die Coffee Shop Kette: Kundenbindung und Umsatzsteigerung.

Dies ist keine Science Fiction! Diese Angebote und viele mehr gibt es in den USA bereits wirklich! Wären diese auch in Deutschland denkbar?

Tatsache ist, alleine schon das Fotografieren des öffentlichen Straßenbereichs und das Verfügbarmachen dieser Bilder im Internet (z.B. „Google Street View“) hat in Deutschland eine Welle der Empörung ausgelöst und zu entsprechenden Gesetzesinitiativen geführt.

Jegliches Sammeln und Auswerten von Informationen von stattlichen und privaten Organisationen steht hierzulande, gerechtfertigt oder nicht, unter einem Generalverdacht. Der Deutsche an sich hat ein Problem mit der Preisgabe seiner eigenen Daten. Dies hat nichts mit der modernen Informationstechnologie zu tun, sondern scheint ein wesentlicher Bestandteil unserer Denkens und Handelns zu sein.

Einige erinnern sich sicherlich auch noch an die Diskussion zur Volkszählung in den 80er Jahren. Daher scheint es abgesehen von den rechtlichen Hürden momentan wenig wahrscheinlich, dass eine der oben genannten Anwendungen von Big Data in Deutschland zurzeit implementiert werden könnte. Der öffentliche Wiederstand und die damit verbundene negative Presse wären einfach zu groß!

Dabei ist das Verhalten der Deutschen hier hochgradig inkonsequent und irrational! So kann es sein, dass dieselbe Person, die per Einspruch verhindert hat, dass ein Bild ihres Hauses in „Google Street View“ veröffentlicht wurde, gleichzeitig privateste Bilder von sich selbst, ihrem Haus und sogar ihrer Inneneinrichtung in eigener Regie im Web veröffentlicht!

Darüber hinaus ist die deutsche Bevölkerung, was ihre Einstellung bezüglich der Nutzung von privaten Informationen durch Dritte angeht, nicht homogen. So kann man ganz klar einen Unterschied der Einstellungen und Befindlichkeiten zwischen Jung und Alt ausmachen. Es gilt hier die Faustformel: je jünger, desto offener gegenüber derartigen Angeboten.

Man kann also festhalten, dass es in den USA deutlich weniger Vorbehalte gibt gegenüber dem Einsatz von Big Data als in Deutschland. Insofern ist Big Data eine Frage der Kultur.

Was aber sind die Konsequenzen daraus?

Solange in der breiten Bevölkerung Vorbehalte gegenüber der Erhebung und Verarbeitung persönlicher Daten besteht, können Big Data Projekte, die diese Daten benötigen, nicht verwirklicht werden. Da aber in vielen anderen Ländern, besonders in den USA, diese Vorbehalte nicht existieren bzw. nicht so ausgeprägt sind, entwickelt sich der BI-Markt an dieser Stelle völlig anders als bei uns.

Es besteht daher absolut die Gefahr, sich von einer allgemeinen Bewegung abzukoppeln und damit für deutsche Unternehmen Wettbewerbsnachteile im zunehmend internationalisierten Markt in Kauf zu nehmen.

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