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Smart Meter Roll-out in Deutschland

Wir sollten vorbereitet sein!

In Deutschland wird seit einigen Jahren das Thema „Smart Metering“ intensiv diskutiert, und zwar sowohl unter Datenschutz- und Datensicherheitsaspekten als auch unter Wirtschaftlichkeitsaspekten.

Dieser Artikel beschreibt die wesentlichen Rahmenbedingungen und Vorgaben und diskutiert, warum die Umsetzung der diesbezüglich verpflichtenden EU-Richtlinie in Deutschland bisher eher schleppend von statten geht. Eine gute Zusammenfassung des regulatorischen Standes der Handlung gibt [1].

Rechtliche Vorgaben

Auf Basis der „Dritten Binnenmarktrichtlinie Energie“ der EU (2009/72/EG) haben alle Verbraucher Anspruch auf eine monatliche Stromabrechnung, die auf dem tatsächlichen Verbrauch basiert.

Die derzeitige Praxis ist eine andere: Verbraucher erhalten einmal jährlich anhand abgelesener oder geschätzter Verbrauchswerte eine Verbrauchsabrechnung und leisten unterjährige Abschlagszahlungen.

 

Gefordert wird in der Richtlinie ebenfalls die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit sogenannter „Intelligenter Messsysteme“. Positivenfalls sollen bis 2020 mindestens 80 Prozent der Verbraucher mit solchen „Intelligenten Messsystemen“ ausgestattet werden.

Der deutsche Gesetzgeber hat am 4. August 2011 das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) novelliert und die Fälle konkretisiert, in denen „Intelligente Messsysteme“ eingebaut werden müssen. Allerdings stellt der Monitoringbericht der Bundesnetzagentur 2013 fest, dass in 96 Prozent der genannten Fälle die Netzbetreiber dieser Verpflichtung bisher nicht nachgekommen sind [2]. Dies hat sich auch in 2014 nicht wesentlich geändert [3].

Wirtschaftlichkeit

Ein weiterer, wesentlicher Bestandteil der EU-Richtlinie ist die Forderung an die Mitgliedsstaaten, die Einführung „Intelligenter Messsysteme“ wirtschaftlich zu bewerten und herauszufinden, welche Art des intelligenten Messens wirtschaftlich vertretbar und kostengünstig ist.

Diese Forderung hat die Bundesregierung durch die Beauftragung der sogenannten Kosten-Nutzen-Analyse an Ernst&Young [4] erfüllt.

Technische Anforderungen

Die Energiewirtschaftsgesetz-Novelle fordert die Einhaltung eines IT-Security-Schutzprofils für intelligente Zähler, das durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik festzulegen ist. Es soll die Datensicherheit und den Datenschutz gewährleisten. Die entsprechende Schutzprofil-Anforderung (Technische Richtlinie TR 03109) sieht neben der Messeinrichtung eine Kommunikationseinrichtung mit dem Namen „Smart Meter Gateway“ (SMGW) vor [5].

Umsetzung

Der regulatorische Rahmen soll die gesetzlichen Bestimmungen durch untergesetzliches Regelwerk konkretisieren. Im Eckpunktepapier der Bundesregierung [6] wird hierzu angekündigt, dass bis zum Sommer 2015 im Rahmen eines „Verordnungspaketes Intelligente Netze“ folgende Verordnungen getroffen werden sollen:

  • Eine Messsystemverordnung als technische Grundlagen-Verordnung, die technische Vorgaben (sog. Schutzprofile und Technische Richtlinien) zur Gewährleistung von Datenschutz, Datensicherheit und Interoperabilität enthält
  • Eine Datenkommunikationsverordnung, die regelt „wer welche Daten wie oft von wem zu welchem Zweck“ bekommen darf/soll
  • Eine „Rollout“-Verordnung, die alle Fragen des Rollouts („wer ist wann zum Einbau verpflichtet?“) und der Finanzierung regelt

Herausforderungen der Umsetzung

Die Umsetzung des Smart Meter-Roll-outs in Deutschland ist aufgrund der regulatorischen Bestimmungen von einmaligen technischen Herausforderungen geprägt, die so in keinem anderen europäischen Land – ganz zu schweigen vom Rest der Welt – zutreffen:

  • Technisch: Smart Meter Gateways mit BSI-Schutzprofil sind einmalig und müssen speziell für den deutschen Markt entwickelt werden
  • Regulatorisch: während die Meßeinrichtungen aufgrund der Unbundling-Bestimmungen (Trennung von Netz und Vertrieb) dem Netzbetreiber zuzuordnen sind, entsteht der Nutzen auf der Vertriebsseite

 

Mit anderen Worten: die Verantwortlichen (Netzbetreiber) haben kein Interesse am Smart Meter Roll-out, während die Nutznießer (Vertrieb) keinen Durchgriff haben. Hinzu kommt, dass die deutschen Anforderungen sehr teure Lösungen erfordern werden – verglichen mit dem Rest der Welt.

So kommt denn auch die Kosten-Nutzen-Analyse zu dem Schluss, dass es gesamtwirtschaftlich nicht angezeigt wäre, einen verpflichtenden Rollout für 80 oder sogar 100 Prozent aller Haushalte vorzusehen.

Chancen für ITK-Unternehmen

Aus dem vorstehend Gesagten ergibt sich die Frage, wie ITK- und Beratungsunternehmen vom nach wie vor geplanten Smart Meter Roll-out und dem dazu erforderlichen Infrastruktur-Aufbau profitieren können.

Erforderlich sind unter anderem

  • Die Intelligenten Messsysteme („Smart Meter“) selbst
  • Die Smart Meter Gateways mit BSI-Schutzprofil
  • Kommunikationswege mittels Mobilfunk, Powerline u.ä.
  • „Datendrehscheiben“, die große Mengen anfallender Messdaten erfassen (für bis zu 40 Mio. Zähler statt eines Wertes pro Jahr Viertelstundenwerte: 4*24*365 = 35.040 Messwerte) und für die Abrechnung aufbereiten können
  • Administrationssysteme, die die Rolle des „Smart Meter Gateway Administrators“ (SMGA) unterstützen, u.a. durch
    • Initiale Konfiguration des Smart Meters
    • Gewährleistung und Überwachung des sicheren und funktionsgerechten Betriebs
    • Einspielen von Updates
    • Hinterlegung von Tarifprofilen
    • Ablesung von Zählerständen und Provisionierung an die Marktteilnehmer
  • Logistik-Systeme zur Überwachung und Verwaltung der Lieferkette („supply chain“) an Smart Metern im Rahmen der Roll-out-Aktivitäten
  • Personaleinsatzplanungssysteme zur Steuerung der erforderlichen Außendienstmitarbeiter (Handlungsbedarf besteht, da der Smart Meter Roll-out mit bestehendem Personal und IT-Systemen voraussichtlich nicht abdeckbar sein wird)
  • Asset Management-Systeme (die Verwaltung von Smart Metern sowie der Verknüpfung mit den zugeordneten Gateways ist erheblich komplexer als die von traditionellen sog. „Ferraris“-Zählern)

Aufgrund der bisher eingetretenen Verzögerungen in der Schaffung der gesetzlichen und regulatorischen Auflagen, der widerstrebenden Interessen der Beteiligten sowie der weiterhin unklaren Kostensituation ist mit weiteren Verzögerungen in der Umsetzung zu rechnen. So bezeichnet [7] den Smart Meter Roll-out denn auch als „chronisches Pilotprojekt“.

Auch wenn erste signifikante Marktteilnehmer bereits signifikante Pilotprojekte durchgeführt haben, um Prozesse, Organisation und Technik zu erproben [8], so ist doch mit weiteren Verzögerungen beim Massen-Roll-out zu rechnen.

ITK-Firmen sind gut beraten, einen langen Atem zu beweisen und mittels Partnerschaften und Allianzen eine gute Positionierung im Wettbewerb für den „Tag X“ anzustreben, wenn es dann wirklich losgeht. Noch hat keiner der großen „Player“ den Beginn des Massen-Roll-outs angekündigt. Realistischerweise ist von einem Start im Jahr 2016 auszugehen. Ob angesichts der bisher eingetretenen Verzögerungen die Umsetzung der EU-Vorgabe bis 2020 möglich ist, darf bezweifelt werden.

Quellen

[1] http://www.energieverbraucher.de/de/Intelligente-Zaehler__1845/

[2] http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Allgemeines/Bundesnetzagentur/Publikationen/Berichte/2013/131217_Monitoringbericht2013.pdf?__blob=publicationFile&v=15

[3] http://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Berichte/Energie-Monitoring-2014.pdf?__blob=publicationFile&v=6

[4] http://bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=586064.html

[5]

[6] http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/eckpunkte-fuer-das-verordnungspaket-intelligente-netze,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf

[7] http://www.heise.de/newsticker/meldung/Smart-Metering-Ein-chronisches-Pilotprojekt-2173271.html

[8]

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